Samstag, 13. Dezember 2008

Alle Jahre wieder ...

Es sind noch 11 Tage bis Weihnachten, jenem Fest, bei dem das Lametta so schön amerikanisch glitzert. Und jedes Jahr zu Weihnachten stelle ich mir die gleiche Frage: "Was soll das alles ?" Vielleicht verfalle ich gerade in meine jährliche Weihnachtsdepression, gepaart mir Weihnachtsunfreude und Missmut über die allgemeine, zu dieser Jahreszeit besonders deutliche, Glückseelenlosigkeit. Das der Coca-Cola Weihnachtsmann das Christkind, Geschenke die gemeinschaftliche Botschaft und Hektik die vielleicht einst so besinnliche Zeit überdeckt haben, ist oft und schnell gesagt. Doch wie jedes Jahr verspüre ich gerade in dieser Zeit voll Lebkuchen und Schokoladenäpfeln, Zimtsternen und Stollen eine eher fade Leere. Und in der Stadt wird gekauft und gekauft, so als gäbe es keine Finanzkriese, so als erwärmte sich nicht die Erde, so als hungerten in Afrika keine Kinder. Für wenige Tage kann man all das schlechte Gewissen vergessen und nach Herzenslust shoppen; macht ja schließlich jeder. "Hast du schon Lametta?", "Nein, aber ich brauche noch ein Geschenk für die Nichte von Heinz.", "Kommen die denn auch zu Besuch?", "Hach, ja. Wie jedes Jahr." "Aber du kannst die garnicht leiden." "Weihnachten eben."
Grausam sind die kleinen Beobachtungen, die alten Männer mit den Wollmützen, welche aus der Zeit gefallen, die Reihen des Weihnachtsmarktes abschreiten und befremdet auf die jungen Leute schauen, die sich vor dem Glühweinstand schon Mittags betrinken. In dieser Zeit fühle ich mich oft wie einer von ihnen. Selbst die
Buchläden, in denen ich mich sonst wohl fühle, sind mir im Dezember fremd. Dort tummeln sich Großtanten und Onkel, Väter und Freunde und auf einmal erhält Dostojewski wieder Beachtung, auf einmal fragt man nach Dickens ... natürlich der Weihnachtsgeschichte, was sonst. Zwischen den Konsummenschen geht eine Mutter mit ihren Kindern und singt "Schneeglöckchen, Weißröckchen", doch der Gefrierpunkt ist fern. Ich beneide die Kinder und wünsche mich doch nicht zurück. Vor den geschlossenen Toren der Universität erfasst mich die Sehnsucht nach der Ruhe des Seminars, den Reihen verstaubter Faksimiles und Menschen vom Format eines Schiller, eines Rousseau. À Noel, je suis un autre.

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