Harry Potter hat es, Frodo Beutlin hatte es bereits vor ihm und auch Bella Swan scheint reichlich damit gesegnet. Ob es darum geht den bösen Voldemort zur Strecke zu bringen, ganz Mittelerde auf einen Schlag zu retten oder nur den glitzernden Vampir der eigenen Träume zu finden, die Rede ist vom großen Wink des Schicksals. Moderne fantastische Literatur muss sich den Vorwurf gefallen lassen, kaum Geschichten ohne dieses spezielle Etwas zu fabrizieren, manchmal mit mehr, manchmal mit weniger starkem Aufguss einfallsloser Schemata. "Man muss sich halt darauf einlassen", doch das wahre Leben der meisten Leser sieht anders aus: leicht angeknackste Familie, durchwachsene Jugend, Minijobs und Praktika, Schulabschluss, Ausbildung oder Studium, vielleicht ein oder zwei spannende Hobbys; die wenigsten Lebensgeschichten erheben sich über diese langweilige Durchschnittlichkeit. Was Frodo, Harry und Co bieten, ist Teilhabe an ihrem Auserwähltsein für die Dauer der Lektüre (oder bis zum Abspann des Films,) Streicheleinheiten fürs das Ego ihrer Rezipienten, fiktive Exklusivität. Zurück bleibt die unausgesprochene Hoffnung selbst einmal im Fokus jenes irrationalen Glücks zu stehen; derselbe Mythos den auch Castingshows, Trendscouts oder die Lotterie zu eigenen Zwecken fleißig befeuern. Auf dem Papier erbt Frodo Beutlin den einen Ring, Bella Swan einen unwiderstehlichen Duft für benachbarte Blutsauger und auch Harry Potter bekommt die berühmte Blitznarbe in die Wiege gelegt. Der Wille unerklärlicher höherer Macht ersetzet den modernen Leistungsgedanken und bildet eine anachronistische Gegenwelt zum erlebbaren Alltag, beherrscht von finanziellen Kriesen und ermüdendem Wahlkampfgerangel. Vielleicht ist dies Teil der Erklärung für die anhaltende popularität jener Werke. Doch anders als den Märchen von einst fehlt ein die Leserwelt bereichernder Transfer, die "Moral der Geschicht", stattdessen muss die der Fiktion innewohnende vermeintliche 'Lehre' in der Wirklichkeit scheitern. Der großen Masse aller Leser werden weder Reichtum, Ruhm noch privates Glück zufallen, solange sie nicht bereit sind unaufgefordert und unausgewählt Eigeninitiative zu zeigen. Im Vorteil scheint nur, wer die Welten auseinanderzuhalten weiß.
Mittwoch, 29. Juli 2009
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