Dienstag, 3. November 2009

Drei Gedanken zur Struktur von Subkulturen

Der Goth von Nebenan lebt in seiner eigenen Welt - einer Welt, welche mit eigenem Kleidungsstil, Musikrichtung und Verhaltensnormen aufwartet - einer Subkultur. Die Neigung sucht die passende Nische, nur weg vom gern kritisierten "Mainstream". Jeder Subkultur ist dieses "Gegen" und "Neben" zu Eigen. Der Vergleich einer raren, dem Eigenen zugeordneten Menge gegenüber einer schwer abgrenzbaren Masse mit (kultureller) Machtposition scheint Quell der persönlicher Befriedigung zu sein und bedient zahllose Topoi von schnödem Rebell bis progressiver Avantgarde. Der dahinterstehende Gedanke ist "differenzbedingte Exklusivität" (das Zeitalter der Individualisierung lässt grüßen). Diese Differenz wird in Subkulturen jedoch nicht persönlich erarbeitet, sondern weitgehend an den Mustern und Normen der Subkultur ausgerichtet. Affirmation ist dabei wichtiger Teil der Zugehörigkeit und strukturell in Subkulturen angelegt. Gerade in der Adaption fester Identifikatonspunkte offenbart sich aber der konservative Charakterzug des Ganzen. Der Einzelne tauscht das Anonyme des kulturellen "Hauptbereichs" gegen eine beschränktere und spezialisierte, wie auch uniformiertere Alternative.

Die Durchdringung der Gesellschaft von Subkulturen lässt die Frage legitim erscheinen, ob von der eigentlichen "Hauptkultur" noch mehr übrig ist als eine in medialer Behauptung erhaltende Schnittmenge diverser Subkulturen als eigentliche orientierungstragende Elemente. Das "Gegen" einer Subkultur liefe in diesem Fall zunächst ins Leere und ließe sich umdeuten als gegen die Idee einer einheitlichen "Haupt- oder Leitkultur" gerichtet. Oder ist die "Idee" einer "Gemeinkultur" letztlich doch bloß eine Vereinfachung komplexer ineinandergreifender dynamischer Einzelsysteme mit zunehmender Vernetzungstendenz bedingt durch medielle Fotrtschritte (z.B. Internet)?

Subkulturen können auch begriffen werden als scheinbare Ausgrenzungen der Gesellschaft zur Selbststabilisierung. Das kulturpolitische Reformpotential des "Gegen" eines Individuums verliert sich dabei im akzeptierten "Neben" einer Subkultur. Dabei haben sich längst Systemelemente zur Destabilisation solcher Subkulturen etabliert, die ihrem Selbstverständnis nach noch blinde Flecken der Gesellschaft darstellen. Das Aufgreifen von Motiven und Identifikationsmerkmalen in verbreiteten Medien (z.B. Film, Literatur) macht auf die Subkultur aufmerksam und reimportiert deren Faszination als kurzlebige Trends. Die Exklusivität der Subkultur schwindet und stört damit die auf "Gegen" beruhende Identifikation. Eine Abwanderung in andere benachbarte Subkulturen oder die Bildung neuer Subkulturen ist die Folge.

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