Mittwoch, 11. März 2009

Von der Feigheit extremer Gewalt

Eric David Harris aus Littleton und Sebastian B. aus Emsdetten hatten vieles gemeinsam. Sie waren Kleinstädter, Außenseiter, unauffällige Jugendliche des Mittelstandes und mehrfache Mörder. Seit gestern erweitert sich ihr Kreis um Tim K. aus Leutenbach. Wie bereits 1999 und 2002 überbieten sich die Medien in ihren Reaktionen vor allem in Betroffenheitstopoi, Schuldvermutungen und blutigen Details und riskieren dabei bewusst Nachahmungstaten. Dass Tim K. mit einer 8mm Baretta aus dem Besitz seines Vaters schoss, und dieser als Sportschütze 14 weitere davon in der Wohnung deponiert hatte, weiß nun ganz Deutschland. Auch, dass Tim K. einen 41-Jährigen VW-Fahrer dazu zwang ihn über die Bundesstraße 313 Richtung Wendlingen zu fahren, wo er nach einem Verkehrsunfall und einem Zwischenstopp in einer Niederlassung des VW-Autohaus Hahn kurz nach 12 zwei Polizisten anschoss. Wahrscheinlich werden sie alle Bücher darüber schreiben.
Die Opfer sind wahllos: Schüler, Lehrer, Referendare, Passanten, Autohaushändler, Autohauskunden. Der Stempel Amoklauf folgt auf dem Fuße. Tim K.: ein Name wie aus Kafkas Romanen. Doch im Gegensatz zu Josef K. war er kein unschuldiges Opfer eines grausamen sozialen Systems. Weder Videospiele, noch dunkle Kleidung, erduldetes Mobbing, Zugang zu Waffen, Isolierung oder bestimmter Musikgeschmack machen sein Handeln erklärbarer. Allgemeinen Lebensfrust und Außenseitertum gab auch schon vor „Give a Boy a Gun“ von Morton Rhue. Tim K. war kein defektes Zahnrad einer größeren, versagenden Gesellschaftsmaschine, die ihn nur hätte 'finden' und 'reparieren' müssen oder am besten gleich die 'Wartungsbedingungen' richtig einstellen. Nein, Tim K. war ein grausamer Täter, ein Mörder, der es vorzog in einer ausgelebten Gewaltphantasie über 14 Menschen zu ermorden anstatt sich seinen alltäglichen Problemen zu stellen. Das ist unglaublich feige. Wer glaubt aus diesem Leben ausscheiden zu müssen, der kann das auch im Stillen tun. Eine solche Tat zeugt vielmehr von tief verwundetem Narzissmus und dem Geltungswillen einmal wichtig zu sein; und sei es auch nur im Tod anderer. Herostratos zündete 356 v. Chr. den Artemistempel zu Ephesus an um bekannt zu werden. Heute reicht es immerhin für einen knappen Eintrag bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Amoklauf_von_Winnenden .

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