Zähle die Mandeln!
"Ja, die Deutschen sind zäh", tönt eine alte Frau auf Krankenhauszimmer 108, ein Bett neben meiner Oma. In Gedanken erwidere ich, dass schon das Konzept von Nationalität Entindividualisierung begünstigt und lese die Niemandsrose. Um nichts anderes scheint Celan zu kreisen als um einen unausgesprochenen Vorwurf, der unser Denken erschüttert wie Judith Butlers Theorie von den Geschlechtern. Deutscher, das bin ich auch, sagt zumindest mein Reisepass.
Mandelbaum, Trandelmaum.
Ein Plakat in der Universität zeigt zwei Fotografien aus Dresden; die eine mit jubelnden Nationalsozialisten, die zweite mit zerstörten Häusern und betitelt: "Sowas, kommt von sowas." Doch gerade die implizite 'Unausweichlichkeit der Geschichte' ist problematisch, verschiebt sie doch die persönliche Schuld hin zu einer unpersönlichen Volksschuld. Die Frage aber muss lauten: Wie konnten die Väter unserer Väter so etwas zulassen? Und was hätten wir getan?
Bandelmaum, Mandeltraum.
"Der Junge kommt nach seinem Großvater, ganz die nordische Linie", findet sich unter den Sätzen auf dem diesjährigen Familienfest. Ich aber will nicht nach jemandem kommen, will kein Deutscher sein, will das Identifikationsangebot nicht annehmen. Denn, ist nicht jedes Denken in Kategorien gleichzeitig ausgrenzendes Konkurrenzdenken zu anderen, nicht gewählten Kategorien, derselben Ordnungsstufe? Was heißt Deutscher sein anderes, als 'nicht Franzose sein?'.
Und auch der Machendelbaum.
Celan setzte dem 'Recht auf Vergessen' die 'Pflicht des Überdenkens und Erinnerns' entgegen. Ist es in diesem Sinne nicht an der Zeit der 'Dekonstruktion der Geschlechter' eine 'Dekonstruktion der Nationalitäten' beizustellen? Dass Celan kurz nach Kriegsende scheitern musste, scheint nachvollziehbar. Doch ist es heute denn so anders?
Aum.